Mit einem mutigen Schritt hat Familie Ohnesorge mit Sohn Kai Stratmann ihre Galerie für Glaskunst von Ascona nach Essen verlegt. In der Gallery O erwartet die Besucher*innen seit Ende April 2025 ein wahres Feuerwerk aus Farben, Formen und Kreativität: Kunstwerke von etwa 100 internationalen Künstlern aus rund 40 verschiedenen Ländern und allen Kontinenten sind hier ausgestellt. Auch junge Talente bekommen in dieser Galerie eine Bühne – der aktuell jüngste Künstler, ein Ungar, ist gerade einmal 26 Jahre alt. Die Besonderheit: Bei den Werken handelt es sich hauptsächlich aus im Ofen geschmolzenem Glas (Gussglas) und weniger um die eher bekannten Ergebnisse der Glasblaserei aus Murano. Die Vielfalt der ausgestellten Werke reicht von zarten, darin eingebundenen Hologrammen, über Kreationen aus kaltgeklebtem Farbeffektglas bis hin zu Glaswerken mit Spiegeln, die per Hand präzise zusammengefügt wurden.
KURTI: Was hat Euch motiviert, Eure Galerie aus der Schweiz nach Essen, speziell nach Rüttenscheid, zu verlegen?
Kai: Als wir im Internet die Anzeige entdeckten, dass ein Ladenlokal direkt gegenüber vom Folkwang Museum zu haben sei, war unser Interesse sofort geweckt. Ein kurzer Blick bei Google bestätigte, dass dieses renommierte Museum jedes Jahr rund eine halbe Million kunstbegeisterte Besucher*innen anzieht – ein Publikum, das ganz offensichtlich unsere Zielgruppe verkörpert. Die Entscheidung fiel schnell: Essen statt Bochum, obwohl wir privat in Bochum wohnen und dort ein größeres Netzwerk haben. Der Gedanke, unser künstlerisches Angebot direkt im Herzen eines kulturellen Hotspots zu präsentieren, war einfach zu verlockend!
KURTI: Die Gallery O ist Europas größte Galerie für zeitgenössische Glaskunst. Wie habt ihr es geschafft, eine so beeindruckende Sammlung mit Werken von über 90 internationalen Künstlern aufzubauen?
Kai: In den USA hat sich Glaskunst seit Jahren als bedeutendes Thema etabliert, und genau dieses Niveau wollten wir auch in Europa erreichen. Als wir die ersten acht weltbekannten tschechischen Glaskünstler an Bord hatten und das auf Instagram gepostet haben, lief der Rest fast von selbst und viele Glaskünstler*innen bewarben sich bei uns. Die tschechischen Künstler*innen fanden die Zusammenarbeit mit einer europäischen Galerie einfach praktischer – kürzere Wege, weniger Versandkosten, alles entspannter. Außerdem weiß man ja, dass in den Jahren der Präsidentschaftswahlen in den USA weniger Kunst gekauft wird. Und dann macht Trump es mit seiner Politik im Folgejahr auch nicht gerade einfacher. Kein Wunder also, dass die Künstler auf Nummer sicher gehen und sich nicht nur auf einen Kontinent verlassen wollen.
KURTI: Glaskunst ist ein faszinierendes, aber sehr spezialisiertes Feld. Welche Rolle seht ihr für diese Kunstform in der zeitgenössischen Kunstszene, und wie tragt ihr dazu bei, sie einem breiteren Publikum näherzubringen?
Kai: Wir finden, dass Glaskunst eine sehr wichtige Form der Kunst ist, weil Glas Eigenschaften hat wie kein anderes Material. Wie erwähnt, ist diese Kunst in Amerika bereits sehr bekannt und begehrt. Während man in Europa einen Künstler reflexartig fragt, welche Art von Bildern er denn malt, lautet die Frage in Amerika: „Mit welchem Material arbeiten Sie?“ Genau diese Denkweise, diese Neugier auf das Material, wollen wir auch hier etablieren. Folglich haben wir rund 900 weiterführende Schulen und Hochschulen in ca. 65 Städten in NRW angeschrieben und kostenlose Führungen für Schüler*innen und Studierende angeboten, die wir über die einzelnen Glaskunstformen und deren individuellen Entstehungsprozesse informieren. Aber auch alle anderen Besucher*innen sind herzlich eingeladen, ohne Eintritts- oder Führungsgebühren einen Blick in die Welt der Glaskunst zu werfen – solange es unser Zeitplan erlaubt.