Beate Maes ist eine erfolgreiche Schauspielerin, die seit drei Jahrzehnten mit ihrer Leidenschaft und Ausstrahlung viele Zuschauer*innen in ihren Bann zieht – ob auf der Bühne oder vor der Kamera. Was sie am Set von etwa 100 Film- und Fernsehproduktionen wie Männerherzen, Die Affäre Semmeling, Soko, Der letzte Bulle, Tatort, Der Bergdoktor u.v.m. so erfolgreich macht, gibt sie jetzt an andere weiter. Als eine der gefragtesten Schauspiel- und Persönlichkeits-Coaches teilt sie seit 10 Jahren ihr Wissen. Ihre Workshops richten sich nicht nur an Schauspieler*innen, sondern auch an Führungskräfte und Unternehmer*innen.
Warum? Weil die kreativen Strategien und Techniken aus der Schauspielwelt auch in der Geschäftswelt Türen öffnen können. Im Gespräch mit KURTI gibt Beate Einblicke in ihre Casting-Workshops für Schauspieler*innen, erklärt, wie sie die Brücke zwischen Kunst und Business schlägt – und zeigt, warum ihre Methoden so wirkungsvoll sind.
KURTI: Mit welchen Herausforderungen kommen Schauspieler*innen in Deine Workshops und wie hilfst Du ihnen dabei, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln?
Beate: Der kreative Prozess, eine Rolle glaubhaft und ausstrahlungsstark zum Leben zu erwecken, kann für Schauspieler*innen ein simpler und intuitiver Vorgang sein. Genauso oft passiert es, dass das eine hochkomplexe Angelegenheit ist, in der man sich leicht verliert und teilweise mit unbewussten Boykottmechanismen konfrontiert ist. Vor allem vor dem Hintergrund von Erfolgsdruck und Versagensangst. Ich kenne keinen Kreativen, für die oder den das nicht in irgendeiner Weise zum künstlerischen Alltag gehört.
Es geht in meiner Arbeit zum einen um einen klaren, sinnvollen Blick auf das Skript. Und darum, im Text die interessanten Punkte zu finden, die für uns als Schauspieler*innen relevant sind für unsere Arbeit. Zum anderen ermöglichen die Techniken, die ich vermittele, den Körper im Zusammenspiel mit dem Denken als intelligentes und höchst zuverlässiges Instrument zu nutzen.
Konkrete künstlerische Werkzeuge dieser Art habe ich selbst in meiner Arbeit vor der Kamera lange vermisst, mit umso mehr gebe ich sie nun weiter.
KURTI: Was hat Dich dazu inspiriert, Deine Erfahrungen aus der Schauspielwelt mit Führungskräften und Unternehmer*innen zu teilen? Gab es einen Schlüsselmoment, der Dich zu diesem Schritt bewegt hat?
Beate: Damit hat es eigentlich begonnen. Mich hat an diesen Techniken immer vor allem der Aspekt interessiert, der sich auf die jeweilige Persönlichkeit auswirkt, und damit grundsätzlich auf die Definition von „Spiel“. Vor der Kamera findet mit dieser Herangehensweise keine „Verstellung“ statt, kein „so tun als ob“.
Sondern ein bewusst in Gang gesetzter, konkreter Veränderungsprozess.
Diese körperlich-mentalen Strategien ermöglichen es, die verlässliche Wechselwirkung zwischen Denken und Fühlen, die uns so oft um die Ohren fliegt – „Denke nicht an den rosa Elefanten“, “Sei doch einfach du selbst“ … – konstruktiv zu nutzen. Um genau das ausstrahlen zu können, was wir ausstrahlen wollen. Das verändert entscheidend die Qualität des Spiels vor der Kamera, und oft noch viel Entscheidenderes im echten Leben.
Es lag für mich mehr als nah, das Wissen über diese zuverlässigen Wirkungsprinzipien nicht nur für künstlerischen Bereichen zu nutzen. Sondern auch in anderen Bereichen und beruflichen Kontexten, in denen es entscheidend ist, ob wir uns auf unsere Inhalte und unser Gegenüber konzentrieren können und erfolgreich kommunizieren.
KURTI: Was bedeutet persönliches Charisma für dich?
Beate: Ein großes Wort. Vielleicht beginne ich erstmal ganz bescheiden mit „Präsenz“: ein Zustand, in dem wir tatsächlich mit dem verbunden und auf das konzentriert sind, um das es geht. Auf unsere Gesprächspartner, und unsere Inhalte. Das gelingt dann, wenn wir nicht aus Versehen unbewusst vor allem mit unserer eigenen Außenwirkung beschäftigt sind. Wenn jemand z.B. versucht, wie jemand zu wirken, der von etwas begeistert ist, um eine andere Person zu überzeugen, dann kann das auch mal halbwegs funktionieren.
Täuschung ist natürlich immer möglich. Aber wir alle kennen Menschen, die tatsächlich für etwas brennen. Und wir wissen, welche Kraft das entfaltet und wie wenig man sich dieser Chemie entziehen kann. Das ist wohl Charisma.
Genau wie Humor und Intelligenz kann man das nicht vortäuschen. Aber man kann tatsächlich etwas in Gang setzen, das den eigenen Fokus entsprechend ausrichtet, und das stärker ist als die Angst um die eigene Ausstrahlung.
KURTI: Wenn Du zurückblickst: Gibt es eine Lektion aus Deiner Karriere, die Du besonders gern an Deine Teilnehmer*innen weitergibst?
Beate: Das gibt es tatsächlich. Ich würde rückblickend sagen, ich bin – vor allem als junge Schauspielerin – voller Leidenschaft in fast jede Falle gelaufen, die an den Filmsets so rumsteht. Man hat mir das im Laufe der Zeit nicht mehr unbedingt angemerkt, aber ich war leicht zu verunsichern, und unglaublich abhängig von Applaus, Anerkennung und dem Blick von außen. Jetzt könnte man denken, „Naja, so ist das eben auch ein bisschen in dem Beruf.“. Aber das ist ein großer Irrtum. In keinem Beruf ist das so. Wir haben immer die Wahl.
Und wir als Schauspieler haben exzellente Techniken, um mutige Entscheidungen zu treffen und wirklich etwas zu verändern. Und das hat seinen Preis, hier müssen wir bereit sein, auf Applaus von allen Seiten zu verzichten. Aber wir gewinnen etwas viel Wertvolleres: klare Haltungen, und eine starke Ausstrahlung. Hat halt alles seinen Preis.
Foto: Bernd Brunert Den